Dr. med. Christoph Bauer
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Hormon- und Stoffwechseltherapeut cmi®

Aktuelle Themen für Sie erklärt...

Hausarzt der Frau

In Deutschland werden jedes Jahr über 450 Millionen Euro für die  Verordnung von Psychopharmaka ausgegeben, wobei die Geschlechtsspezifität beeindruckend ist.
11 Millionen Einzelverordnungen bei Männern stehen 24 Millionen Einzelverordnungen für Frauen gegenüber. Bei der näheren Analyse entdeckt man, dass 89% aller Frauen, die Psychopharmaka einnehmen, älter als 40 Jahre sind. Diese Medikamente werden also rund um die Wechseljahre verschrieben,  was man lange mit einer höheren psychosozialen Sensibilität dieses Lebensalters erklärt hat. Heute weiß man, dass dies auch Ausdruck einer   Hormonstörung sein kann. Neuro-biochemische Vorgänge (GABA-Rezeptor) können in der Peri- und Postmonopause durch das Fehlen bestimmter Hormone depressive Verstimmungen und Schlaflosigkeit erzeugen.
Überweisen oder selbst behandeln?
Bei aller notwendigen Kooperation mit den Psychiatern stellt sich die Fragen, ob  ein Teil der klimakterischen, depressiven Patientinnen durch den Frauenarzt mitunter nicht einer kausalen Therapie zugeführt wird. Allerdings muss der Gynäkologe über die Differentialdiagnose und auch über die endokrinen Therapiemöglichkeiten der hormonabhängigen depressiven Verstimmungen Bescheid wissen.
In Deutschland werden  Cholesterinsenker im Wert von fast 700 Millionen  Euro pro Jahr verschrieben. Der Bedarf liegt bei Männer über 65 Jahren  bei 42% und bei  Frauen in diesem Alter bei 62%. Welche Therapie ist bei der perimenopausal auftretenden Hypercholesterinämie die kausalere,  eine Östrogensubstitution oder ein Lipidsenker? Tatsächlich ist Ostrogen in  der Lage, den gesteigerten Cholesterinspiegel zu senken. Ein Effekt, der umgekehrt bei Östrogenmangel zum Anstieg des  Cholesterins führt.
Ähnliches gilt für die labile Hypertonie, die während der Wechseljahre entstehen kann.
Auch in diesen Fällen kann der Gynäkologe diese Frauen kausal behandeln, dies sollte natürlich in Absprache mit dem internistischen Kollegen geschehen.
Ein weiteres, beeindruckendes Beispiel ist der perimenopausale Gelenkschmerz. Immerhin werden in Deutschland jährlich Anti-Rheumatika für rund 400 Millionen Euro verschrieben. Ab dem 54. Lebensjahr liegt der Verschreibungsanteil für die betroffenen Männer bei 50 % und für Frauen bei 63 %. Abgesehen davon, dass autoaggressive Erkrankungen bei Frauen häufiger vorkommen, ist die „Athropathia climacteria“ ein menopausales Symptom, das mit dem rheumatischen Formenkreis nichts zu tun hat, obwohl es vorkommt, dass es so behandelt wird. Äußerliche Östrogenanwendung in Salbenform zeigt hier eine sehr gute Wirkung.
Werden also bestimmte Erkrankungen durch eine Störung der Eierstockfunktion ausgelöst, dann ist es Aufgabe des Gynäkologen –  natürlich interdisziplinär – diese Probleme mit seinen Möglichkeiten zu behandeln. Allerdings muss der Frauenarzt die interdisziplinären Aspekte seines Faches kennen, wissenschaftlich begründen und  wahrnehmen, um kausale Hilfestellung zu leisten.