Dr. med. Christoph Bauer
Facharzt für Gynäkologie und Geburtshilfe
Hormon- und Stoffwechseltherapeut cmi®

...und weitere Themen von Interesse

Hormone

Das Wort „hormae“ ist griechischen Ursprunges und bedeutet „Antrieb“.
Hormone sind chemische Substanzen, die in verschiedenen Drüsen des  Körpers produziert werden und für unzählige Stoffwechselvorgänge  verantwortlich sind. Über den Blutkreislauf werden diese Botenstoffe in  alle Organe verteilt und entfalten dort ihre Wirkungen. So erfüllen sie  lebenswichtige Aufgaben. Sie regulieren z.B. das Wachstum der Knochen,  den Wasserhaushalt des Körpers und den gesamten Stoffwechsel. Im  zentralen Nervensystem und der Psyche spielen sie eine entscheidende  Rolle. Sie beeinflussen den Blutdruck und sind auch verantwortlich für  die Entgiftung des Körpers, wirken entzündungshemmend und ermöglichen  unser Sexualleben. Früher glaubte man, dass die Hormonspiegel sinken,  weil wir altern. Heute weiß man, dass wir unter anderem deswegen altern,  weil unsere Hormonspiegel fallen. So sind vor allem jene Hormone von  Bedeutung, deren Menge und Funktion im Alter absinkt. Dazu gehören die  Geschlechtshormone (Östradiol bei der Frau, Testosteron beim Mann), das  Wachstumshormon, DHEA, Melatonin, die Hormone der Schilddrüse und andere  mehr. Die Spiegel der wichtigsten, auch am Alterungsprozess beteiligten  Hormone können durch einfache Blutuntersuchungen jederzeit bestimmt  werden. Bei festgestelltem Hormonmangel können die fehlenden Hormone gezielt wieder in den Normbereich angehoben werden.
Östrogene
Östrogene haben nicht nur eine essentielle Bedeutung für die  Fortpflanzung, sondern auch für den Stoffwechsel, das  Herz-Kreislauf-System und das körperliche und seelische Wohlbefinden.  Nach Ausfall der Eierstocksfunktion kann es daher als Folge des  Östrogendefizits zu Störungen im vegetativen und zentralen Nervensystem  bzw. der allgemeinen Befindlichkeit und Stoffwechselveränderungen mit  entsprechenden Folgeerkrankungen kommen (z.B. Osteoporose,  kardiovaskuläre Erkrankungen, Artheriosklerose, M. Alzheimer).  Vegetative Störungen, wie Hitzewallungen, Schweißausbrüche,  Schlafstörungen und Herzrasen lassen sich durch eine sachgerechte  Östrogengabe beheben. Gleichzeitig können auch andere Symptome (z.B.  Müdigkeit, Reizbarkeit, Nervosität, depressive Verstimmung) gebessert  werden. Östrogene fördern die Durchblutung und die Aufnahme von Wasser  in die Gewebe, Sie steigern die Bildung und Umsatz von Kollagen und  haben dadurch eine günstige Wirkung auf Muskeln und Gelenke. Darüber  hinaus haben sie vorteilhafte, regenerative Auswirkungen auf Haut und  Schleimhäute (Mund, Nase, Augen). Sie wirken  Vermännlichungserscheinungen (Akne, fette Haut, Haarausfall, übermäßiger  Haarwuchs) entgegen.
Der altersabhängige Anstieg des Körpergewichts wird durch Östrogene  nicht verstärkt. Degenerative Veränderungen des äußeren Genitale sowie  im Blasenbereich und deren Folgeerscheinungen (Scheidenentzündungen,  Ausfluss, schmerzhafter Geschlechtsverkehr, Blasenentzündungen, sowie  Harninkontinenz) werden durch Östrogene deutlich verbessert.
Progesteron
Das Gelbkörperhormon wird in den Eierstöcken von der Pubertät bis zur  Menopause in wechselnden Mengen produziert. Im fortpflanzungsfähigen  Alter besteht die primäre Aufgabe des Hormons darin, Monat für Monat die Gebärmutter für die Einnistung eines Embryos vorzubereiten: Wenn die  Eizelle nicht befruchtet wird, sinken die Progesteronspiegel ab und es  kommt zur Regelblutung. Daneben hat Progesteron noch viele andere  Aufgaben:
  • es fördert den Knochenaufbau und schützt gegen Osteoporose
  • es wirkt als Gegenspieler von Östrogen und verhindert ein übermäßiges Gebärmutterschleimhautwachstum
  • es wirkt als Vorläufer für andere Hormone (inkl. Östrogen und Testosteron)
  • es wirkt entwässernd und hilft den Blutzuckerspiegel im Normbereich zu halten
  • es wirkt als natürliches Antidepressivum und verlangsamt altersbedingte Hirnveränderungen
  • es unterstützt die Fettverbrennung zur Energiebereitstellung
  • es verengt die Venen und wirkt somit der Entstehung von Krampfadern entgegen
  • es verlangsamt Hautalterung und Faltenbildung durch die Verhinderung des Kollagenabbaus
Als Ergänzung zur Östrogentherapie sollte möglichst  reines Progesteron verabreicht werden. Bei Frauen mit  Gebärmutterentfernung kann auf den Gestagenzusatz im allgemeinen  verzichtet werden.
DHEA
Oft als „Jungbrunnenhormon“ bezeichnet wird DHEA in der Nebenniere von  Mann und Frau gebildet. Ab dem 40. Lebensjahr kommt es zu einem  deutlichen Abfall des Blutspiegels. DHEA galt in den Anfängen der  Anti-Aging-Medizin als eine der wichtigsten Substanzen. Trotz seiner im  Folgenden aufgeführten Wirkungsansätze zeigt die Erfahrung eine gewisse  Überbewertung dieses Hormons.
  • DHEA wirkt durch Unterstützung des Abbau schädigender Stresshormone stressbekämpfend
  • stimuliert das Immunsystem
  • stabilisiert den Zuckerstoffwechsel und wirkt möglicherweise dem Altersdiabetes entgegen
  • senkt den Cholesterinspiegel und damit das Risiko einer Herz-Kreislauf-Erkrankung
  • führt zu Gewichtsreduktion durch Steigerung des Energieumsatzes und Reduktion der Fettablagerungen
  • steuert den Hormonstoffwechsel, vor allem von Östrogen und Testosteron
  • erhöht die Libido
Zur Einstellung sollte der Blutspiegel vor und während einer Therapie gemessen werden.
Melatonin
Melatonin hat sich ursprünglich zur Milderung von Jet-Lag-Symptomen bei Trans-Atlantik Flügen bewährt.
Es handelt sich um ein natürliches Hormon, das die biologische Uhr des  Menschen reguliert. Es wird in der Zirbeldrüse produziert, in einem  bestimmten Rhythmus zyklisch in geringen Mengen ins Blut abgegeben und „informiert“ so den gesamten Körper über die aktuellen circadianen  (tagesrhythmischen) Phasenlagen.
Die Melatoninsekretion erfolgt hauptsächlich während der Dunkelheit.  Tagsüber wird kaum Melatonin gebildet, Aufgrund der unterschiedlichen  Lichtverhältnisse während der Jahreszeiten ergibt sich so neben der  täglichen auch eine jährliche Rhythmik. Im Winter wird Melatonin über  einen längeren Zeitraum produziert und ins Blut abgegeben als im Sommer.
Die am besten erforschte und dokumentierte Wirkung von Melatonin ist  die Beeinflussung des Schlaf-Wach-Rhythmus. Es kann der Versuch  unternommen werden, Melatonin  sowohl bei Ein- als auch  Durchschlafstörungen einzusetzen.
Ältere Menschen zeigen nachts nicht mehr so hohe Melatoninwerte wie  junge Menschen. Möglicherweise ist das auch der Grund für Schlafstörungen bei älteren Menschen. Bei jungen Menschen beobachtet man  einen etwa 12-fachen Anstieg der Melatoninwerte in der Nacht, während  der Anstieg beim alten Menschen nur etwa 3-fach ist.
Ferner ist bekannt, dass Melatonin das Immunsystem stimuliert. Es ist  einer der Gegenspieler des Cortisols, welches unter negativem Stress in  großen Mengen ausgeschüttet wird und nachhaltige Schäden im Organismus  hervorrufen kann.
Melatonin ist das stärkste körpereigene Antioxidans und schützt die  Zellen vor den schädlichen „freien Radikalen“, die durch Oxidation zur Zellzerstörung führen. Dieser positiver Effekt wird durch Vitamin C,  Vitamin E und Beta-Carotin als Nahrungsergänzung unterstützt.
Phytohormone
Mehr als 1 Milliarde Menschen nimmt täglich Phytohormone über die  Nahrung zu sich. Dies geschieht teils unbewusst über die besonders  phytoöstrogenreiche Nahrung in Asien als auch in zunehmendem Maße über  Nahrungsergänzungsmittel, die Phytohormone beinhalten. Unter dem Begriff  Phytohormone kann man jene aus Pflanzen stammenden Verbindungen  zusammenfassen, die im menschlichen Organismus hormonähnliche Effekte  auslösen. Phytoöstrogene sind also keine Östrogene, sondern haben  lediglich eine den Östrogenen ähnliche chemische Struktur. Dadurch  binden sie auch am entsprechenden Hormonrezeptor.
Rotklee, Soja und Leinsamen sind besonders reich an Phytoöstrogenen wie  Isoflavonen, Lignanen und Coumestanen, die besonders im Frucht und  Blattanteil dieser Pflanzen vorkommen.
In zahlreichen Studien wurde die Wirksamkeit der Phytoöstrogene zur  Behandlung menopausaler Beschwerden untersucht ohne dass hier ein  greifbarer Effekt nachgewiesen wurde. Zur Prävention von Osteoporose,  Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Krebs scheinen Phytoöstrogene nicht  geeignet zu sein.
Daten aus Asien zeigen, dass eine phytoöstrogenreiche Ernährung zu einem  geringeren Vorkommen menopausaler Beschwerden sowie Brustkrebs führt.  Auch andere Krebsarten wie Darm-, Prostata-, Gebärmutter- und  Eierstockkrebs kommen in Asien und Osteuropa seltener vor, als in den  westlichen Ländern. Das Risiko erhöht sich auch nicht bei Menschen, die  in westliche Länder auswandern, sofern sie ihre traditionelle  Ernährungsweise beibehalten. Diese Beobachtungen lassen sich allerdings  nicht ohne Weiteres auf unsere westliche Welt übertragen und könnten  auch durch eine unterschiedliche genetische Situation erklärbar sein.
Somatotropin = Wachstumshormon = STH
Das Wachstumshormon nimmt unter der Vielzahl von Hormonen im Hinblick  auf den Alterungsprozess eine herausragende Stellung ein. Untersuchungen  haben gezeigt, dass es eine breite Palette an Zeichen und Symptomen,  die mit dem Alterungsprozess zu tun haben, rückgängig machen kann. Die  Hauptaufgabe von STH ist es, die Gewebereparatur und die  Zellregeneration in den Knochen, Muskeln und den Organen zu fördern und das Immunsystem bei der Bekämpfung von Infektionen und Krankheiten zu  unterstützen. Es stimuliert den Muskelaufbau und den Fettabbau und  reguliert die Eiweißsynthese. Das Bauchfett wird vermindert, Osteoporose verhütet, Zahnfleischschwund gebremst und die altersbedingte  Rückbildung des Kieferknochens aufgehalten. Durch Vermehrung der  Herzmuskelmasse kommt es zu einer verbesserten Herzleistung.
Das Wachstumshormon wirkt aber auch auf psychischer Ebene: Es steigert  den Antrieb und beseitigt chronische Müdigkeit. Es fördert die soziale  Bindungsfähigkeit und normalisiert das psychische Wohlbefinden. Konzentration, Merkfähigkeit und Gedächtnisleistung werden verbessert.  Wachstumshormon ist der Gegenspieler von Insulin. Dies kann im Alter als  Folge von Ernährungsfehlern und auf Grund altersbedingter Prozesse immer höher ansteigen. Der häufigste sichtbare Grund für den Anstieg des  Insulinspiegels, ist die Adipositas. Dauerhaft erhöhte Insulinspiegel  führen schließlich zu Hochdruck, Diabetes Mellitus Typ II,  Arthereosklerose und erhöhtem Risiko für Herzinfarkt. Neben dem  künstlichen Ersatz von Wachstumshormon gibt es zwei Wege die  körpereigene Produktion anzuregen:
1. Durch abendliches Fasten wird die nächtliche  Insulinausschüttung unterdrückt, dadurch kommt es zu einer  vermehrten natürlichen Ausschüttung des Wachstumshormons.
2. Durch Sport wird ebenfalls mehr Wachstumshormon  gebildet, gleichzeitig wird weniger Insulin in das Blut abgegeben, da  Zucker und Fette von der Muskulatur „verbrannt“ werden.
3. Der Einsatz des Wachstumshormons sollte nur in  begründeten Einzelfällen und nur nach sorgfältiger  Nutzen-Risiko-Abwägung erfolgen.