Unter bioidentischen Hormone versteht man aus Pflanzen hergestellte Hormone, die chemisch ähnlich oder strukturell identisch mit den vom menschlichen Körper produzierten Hormonen sind. Die Betonung liegt hierbei auf „strukturell identisch“ und nicht auf der „pflanzlichen“ Quelle, denn viele nicht-bioidentische Hormone (z.B. Ethinylestradiol als Östrogenanteil der Anti-Baby-Pille und diverse Gelbkörperhormone in Hormonpräparaten) werden ebenso aus Pflanzen (Yamswurzel, Soja) gewonnen.
In die Kategorie der bioidentischen Hormone fallen sowohl behördlich regulierte, hormonelle Arzneimittel als auch Hormonpräparate, die basierend auf einer vom Arzt ausgestellten individuellen Rezeptur von entsprechenden Apotheken hergestellt werden. Zu den behördlich regulierten bioidentischen Hormonen im Kontext der Hormonersatztherapie zählen in Deutschland z. B. mikronisiertes Progesteron, 17ß-Estradiol und Estriol. Auch bioidentische Hormone müssen synthetisiert werden, d.h. die Wirkung ist nicht zu erzielen, indem man beispielsweise die Pflanzen direkt zu sich nimmt. Progesteron wird dabei meistens aus Yamswurzeln hergestellt. Inzwischen werden aber auch zunehmend Sojabohnen für die Gewinnung von Phytosterinen verwendet, da Anbau und Ernte etwas einfacher sind. Dies gilt auch für die anderen Steroidhormone. Phytosterine fungieren als strukturelle Komponente in der Zellmembran von Pflanzen, analog dem Cholesterin in der Zellmembran von Tieren, das selbst jedoch kein Phytosterin ist, da es nicht in Pflanzen vorkommt.
Die Hersteller von Hormonpräparaten kaufen die Hormone bei nur wenigen Anbietern weltweit, die sich auf die Synthetisierung von Hormonen aus Phytosterinen spezialisiert haben.
Mögliche Probleme
Die Problematik der bioidentischen Hormone liegt nicht in ihren Inhaltsstoffen. In der Tat ist die Kombination von z.B. Estradiol, dem systemisch wirkenden Östrogen, und Estriol, dem nur lokal wirkenden Östrogen, ein interessanter Ansatz. Die Problematik liegt in der individuellen Hormonrezeptur.
Da die Hormongemische individuell in Apotheken hergestellt werden, liegen entsprechend keine Studien zur Wirksamkeit und Sicherheit vor. Die FDA (amerikanische Behörde für Arzneimittelzulassungen) und die Endocrine Society (Gesellschaft für Endokrinologie) ordnen daher den Begriff „bioidentische Hormontherapie“ dem Marketing zu und nicht einer auf wissenschaftlicher Evidenz basierten Therapieform.
Im Gegensatz dazu haben bioidentische Hormone, die als Arzneimittel von den entsprechenden nationalen Behörden zugelassen wurden, die notwendigen Studien durchlaufen. In einer von der FDA in Auftrag gegebenen Studie wurden 29 Hormongemische von 12 verschiedenen Herstellen bezüglich ihrer Inhaltsstoffqualität und –quantität analysiert. 34 % der Hormonmischungen fielen bei mindestens einem Qualitätstest durch! Im Gegensatz dazu liegt die Fehlerrate bei von der FDA zugelassenen Arzneimitteln unter 2 %.
Aufgrund unterschiedlicher Bioverfügbarkeit und Bioaktivität sind sowohl Unter- als auch Überdosierungen möglich. So ist z.B. eine ausreichende Umwandlung der Gebärmutterschleimhaut durch über die Haut angewandtes Progesteron nicht gewährleistet.
Beachtenswert ist es auch, das in den USA bis zu 2,5 Millionen Frauen individuell zubereitete Hormonmischungen anwenden. Dies entspricht 40 % der für Beschwerden in der Menopause eingesetzten Hormonpräparate. Die Kosten belaufen sich dort auf geschätzte 1 – 2 Milliarden US-Dollar, die, da nicht von der FDA zugelassen, privat bezahlt werden. Mehr als drei Viertel der Frauen wissen nicht, dass individuell zubereitete Hormonmischungen nicht den FDA-Vorgaben unterliegen.
Wirksamkeit und Sicherheit von bioidentischen Hormonen
Die Indikation von bioidentischen Hormonen entspricht der für die Hormonersatztherapie. Sofern es sich um behördlich zugelassene bioidentische Hormone handelt, die gemäß ihrer Zulassung angewendet werden (z.B. also nicht die für die orale Anwendung zugelassenen Progesteronkapseln aufgebissen werden und der Inhalt auf die Haut aufgetragen wird!), kann von einer nachgewiesenen Wirksamkeit und Sicherheit ausgegangen werden. Es gibt Hinweise dafür, dass die Kombination von Östrogenen mit bioidentischem Progesteron eventuell „brustfreundlicher“ ist als die Kombination mit nicht-bioidentischen Gestagenen. Der endgültige Beweis fehlt aber noch. Solange es keine eindeutigen Daten für eine überlegene Wirksamkeit oder Sicherheit von bioidentischen Hormonen im Vergleich zu nicht-bioidentischen Hormonen gibt, müssen im Beratungsgespräch die Vor- und Nachteile allgemeingültig für einen Hormonersatztherapie dargelegt werden mit dem Hinweis, dass die Aussagen möglicherweise nicht für alle Hormontypen gleichermaßen gelten.
Fazit
Basierend auf Vorgeschichte und Symptomen sollten mögliche Therapieoptionen bei menopausalen Beschwerden diskutiert werden. Bei einer Entscheidung zu Gunsten einer Hormonersatz-Therapie sollte primär ein gelistetes und damit zugelassenes Präparat gewählt werden, wobei die transdermale Anwendung (in Gel-Form über die Haut) zu bevorzugen ist. Sollte dennoch eine individuelle Rezeptur gewünscht werden, ist ein Hinweis auf fehlende Sicherheitsdaten für das individuelle Produkt erforderlich.